Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und das Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) im Vergleich
Stand: November 2025
Seit dem 18.11.2025 befinden sich Europäischer Rat, Europäisches Parlament und Europäische Kommission in den Trilogverhandlungen hinsichtlich Änderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU‑Taxonomie‑Verordnung. Diese Verhandlungen werden voraussichtlich weitreichende Änderungen mit sich bringen, insbesondere eine zeitliche Verschiebung der meisten Berichtspflichten und eine Anpassung der Schwellen- bzw. Grenzwerte für die Berichtspflichten. Die Kernziele und Grundkonzeptionen der Richtlinien bleiben hingegen grundsätzlich erhalten. Der Artikel beleuchtet den aktuellen Stand der politischen Verhandlungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Hintergrund der CSDDD
Am 23. Februar 2022 nahm die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) an. Über zwei Jahre später, am 24. Mai 2024, billigte der Rat der Europäischen Union die politische Einigung und schloss damit das Annahmeverfahren ab (Richtlinie (EU) 2024/1760). Die Richtlinie ist seit 25. Juli 2024 in Kraft.
Ziel der CSDDD ist es, Unternehmen zu verpflichten, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren eigenen Geschäftsabläufen und entlang der „chain of activities“ (Liefer- und wesentlichen Distributionsketten) zu identifizieren, zu verhindern, zu mindern und Abhilfe zu schaffen. Dazu gehören u. a.:
- systematische Risikoanalyse und Priorisierung von Risiken,
- Präventions- und Abhilfemaßnahmen auch gegenüber Geschäftspartnern,
- Beschwerdemechanismen,
- Monitoring und Wirksamkeitskontrolle,
- Veröffentlichung zentraler Informationen (typischerweise im CSRD-Nachhaltigkeitsbericht).
Die CSDDD geht in mehreren Punkten über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinaus – etwa durch die erweiterte „chain of activities“, zivilrechtliche Haftung und eine ausdrücklich verankerte Pflicht zur Klimatransitionsplanung. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, eine umfassende Transformation der Geschäftspraktiken herbeizuführen und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategien zu stellen.
2. Worüber müssen Unternehmen gemäß der CSDDD berichten?
Unternehmen müssen im Rahmen der CSDDD Richtlinie über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten berichten.
Ab 2028 sind Unternehmen verpflichtet, beim ESG-Reporting negative Umwelt- und Menschenrechtsauswirkungen in ihren Lieferketten zu identifizieren und Methoden zur Verhinderung oder Minderung dieser Auswirkungen zu erläutern. Zudem erhalten geschädigte Akteure Anspruch auf Entschädigung, und nationale Aufsichtsbehörden werden eingerichtet, um Geldbußen zu verhängen und Befolgungsanordnungen zu erlassen.
Ein weiteres wesentliches Element der CSDDD ist die Pflicht der Unternehmen, Geschäftsbeziehungen zu beenden, wenn schwerwiegende negative Auswirkungen auf Umwelt oder Menschenrechte festgestellt werden, die nicht behoben werden können.
3. Implementierung der CSDDD
Aktuelle Entwicklung:
Die CSDDD wird nach aktueller Parlamentsposition ausschließlich sehr große Unternehmen betreffen. Der geplante (noch nicht gesetzlich verabschiedet !) Anwendungsbereich soll ab 5.000 Mitarbeitenden und 1,5 Mrd. Euro Umsatz greifen.
Bislang galt die CSDDD grundsätzlich für folgende Gruppen (aktuelle Entwicklungen siehe bei 4.):
- EU-Unternehmen mit im Regelfall mehr als 1.000 Beschäftigten und mehr als 450 Mio. € weltweitem Umsatz,
- Nicht-EU-Unternehmen, die mehr als 450 Mio. € Umsatz in der EU erzielen
- bestimmte Franchise- und Lizenzmodelle (Umsatz ≥ 80 Mio. €, davon ≥ 22,5 Mio. € aus Lizenzgebühren).
Fristenverschiebung („Stop-the-Clock“):
Mit der Richtlinie (EU) 2025/794 wurden die zeitlichen Vorgaben geändert:
- die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten wird um ein Jahr verlängert,
- die erste Anwendungsstufe der CSDDD wird ebenfalls um ein Jahr nach hinten verschoben.
Praktisch bedeutet das:
- Nationale Umsetzung der CSDDD voraussichtlich bis 2027,
- Beginn der Anwendung für die größten Unternehmen ab 2028,
- vollständige Anwendung für alle in Scope befindlichen Unternehmen etwa bis 2030.
Die exakten Daten ergeben sich aus nationalen Umsetzungsgesetzen und sollten regelmäßig gegengeprüft werden.
4. Politische „Verschlankung“ durch das Omnibus-Paket
EU-Kommissionsvorschlag (Februar 2025)
Die Europäische Kommission schlug im Rahmen des „Simplification Omnibus“ vor:
- CSRD: Anhebung der Schwelle auf Unternehmen mit ≥ 1.000 Mitarbeitenden (plus finanzielle Schwellen), Reduktion um rund 80 % der bislang erfassten Unternehmen.
- CSDDD: Fokussierung der Sorgfaltspflichten vor allem auf direkte Geschäftspartner, längere Zyklen der Risikoanalyse, Abschwächung einiger Pflichten, aber keine Änderung der ursprünglichen Schwellen (≥ 1.000 Mitarbeitende, 450 Mio. €).
Ratsposition (Juni 2025)
Der Rat der EU befürwortete in seiner „allgemeinen Ausrichtung“ u. a.:
- CSRD nur noch für Unternehmen mit ≥ 1.000 Mitarbeitenden und 450 Mio. € Umsatz,
- Entlastung für kleine Zulieferer (Begrenzung der Datenerhebungen),
- eine moderate Abschwächung der CSDDD-Pflichten, jedoch weiterhin deutlich über nationalen Gesetzen wie dem LkSG.
Parlamentsposition (13. November 2025)
Das Europäische Parlament hat am 13. November 2025 eine deutlich weitergehende Verschlankung beschlossen:
- CSRD
- Anwendungsbereich: nur noch Unternehmen mit ≥ 1.750 Mitarbeitenden und ≥ 450 Mio. € Umsatz.
- Starke Reduktion der Zahl berichtspflichtiger Unternehmen.
- CSDDD
- Geltung nur noch für Unternehmen mit ≥ 5.000 Mitarbeitenden und > 1,5 Mrd. € Umsatz (bzw. entsprechender EU-Umsatz bei Nicht-EU-Unternehmen).
- Streichung der Pflicht zur Klimatransitionsplanung auf EU-Ebene; diese Verantwortung würde stärker auf nationale Regelungen verlagert.
- Fokussierung der Sorgfaltspflichten auf direkte Geschäftspartner und stärkere Begrenzung von Informationsanforderungen gegenüber KMU in der Lieferkette.
Diese Position ist noch kein geltendes Recht, sondern Ausgangspunkt der anstehenden Trilogverhandlungen zwischen EU-Rat, EU-Parlament und EU-Kommission (Ergebnis zu erwarten: Ende 2025).
Unternehmen sollten sie jedoch im Szenario-Planning berücksichtigen, da sie – falls sie sich durchsetzt – die Anzahl rechtlich verpflichteter Unternehmen drastisch reduziert, (Reputations-)Erwartungen von Finanzmarkt, Kunden und Zivilgesellschaft aber weitgehend unberührt lässt.
5. Welche Ziele verfolgen die CSDDD und die CSRD?
Richtlinie über die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD)
Die CSDDD hat das Ziel, unternehmensbezogene Sorgfaltspflichten EU-weit zu harmonisieren und Rechenschaftspflichten verbindlich zu verankern. Sie verpflichtet Unternehmen dazu, Umwelt- und Menschenrechtsrisiken entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette systematisch zu identifizieren, zu bewerten und wirksam zu adressieren.
Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD)
Die CSRD verfolgt das zentrale Ziel, die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU zu harmonisieren und dadurch die Transparenz sowie die Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen deutlich zu erhöhen. Sie verankert das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit als grundlegendes Bewertungsinstrument: Unternehmen müssen sowohl ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft als auch die finanziellen Risiken und Chancen, die sich aus Nachhaltigkeitsaspekten für das Unternehmen selbst ergeben, systematisch analysieren und berichten.
Darüber hinaus etabliert die CSRD verbindliche und detaillierte Berichtsstandards, die sicherstellen sollen, dass Unternehmen konsistente, belastbare und nachvollziehbare Daten zu ihrer Nachhaltigkeitsperformance offenlegen.
Die CSDDD und die CSRD verfolgen unterschiedliche, aber sich ergänzende Ziele: Die CSDDD stärkt Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette, während die CSRD auf transparente und vergleichbare Nachhaltigkeitsberichte abzielt.
6. Was sind die Unterschiede zwischen CSDDD und CSRD?
CSRD und CSDDD basieren auf gemeinsamen Zielen und Wertvorstellungen einer verantwortungsvollen Unternehmensführung, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrem Fokus und ihren Anforderungen. Die wichtigsten Unterschiede werden im Folgenden erläutert.

- Zielsetzung
- CSDDD: Regelt was Unternehmen tun müssen → Due Diligence, Risikomanagement, Prävention, Abhilfe, Eskalation.
- CSRD: Regelt wie darüber berichtet wird → Transparenz, Offenlegung, Standardisierung von ESG-Daten.
- Fokus der Richtlinie
- CSDDD: Operative Prozesse und verantwortungsvolle Geschäftspraktiken (Lieferkette, Governance, Menschenrechte, Umwelt).
- CSRD: Strukturierte ESG-Berichterstattung nach festen Standards (ESRS).
- Art der Pflichten
- CSDDD:
- Handlungs- und Prozesspflichten: Risikoanalysen, Maßnahmen, Beschwerdekanäle, ggf. Lieferanten-Exit.
- Haftungsrisiken (zivilrechtlich) + behördliche Sanktionen.
- CSRD:
- Offenlegungspflichten: Was muss in welchem Detail berichtet werden?
- Keine direkten operativen Maßnahmen vorgeschrieben – aber indirekter Druck über Transparenz.
- CSDDD:
- Position in der Wertschöpfungskette
- CSDDD: Tiefe Prüfung der Lieferketten und aktives Risikomanagement.
- CSRD: Beschreibung der Auswirkungen der Lieferkette, ohne konkrete Maßnahmen vorzuschreiben.
- Unternehmensinterne Einbettung
- CSDDD:
- Starke operative Verankerung in Einkauf, Compliance, Risiko und Lieferantenmanagement.
- Notwendigkeit, interne Prozesse und Governance-Strukturen neu auszurichten.
- CSRD:
- Fokus auf strategische ESG-Governance, Reporting, Datenprozesse und Auditfähigkeit.
- Enge Zusammenarbeit zwischen Nachhaltigkeit, Finanzen und Controlling.
- CSDDD:
- Sanktionsmechanismen
- CSDDD:
- Geldbußen, behördliche Anordnungen und zivilrechtliche Haftung.
- Höheres rechtliches und finanzielles Risiko.
- CSRD:
- Bußgelder und Prüfungsanforderungen, jedoch keine Haftung in ähnlichem Umfang wie bei der CSDDD.
- CSDDD:
- Wirkung auf Unternehmen
- CSDDD:
- Erzwingt operativen Wandel und risikobasiertes Management in der Lieferkette.
- Verankert Nachhaltigkeitspflichten im Kern des Geschäftsmodells.
- CSRD:
- Erzwingt Struktur, Vergleichbarkeit und Transparenz in der Berichterstattung.
- Verankert Nachhaltigkeit in Steuerungs- und Reportingprozessen.
- CSDDD:
Verhältnis zueinander
- Die CSDDD schafft die materiellen Sorgfaltspflichten (inkl. Klimaplan nach aktueller Rechtslage),
- die CSRD/ESRS liefern das Berichts-Framework, in dem diese Pflichten – und ihre Umsetzung – systematisch offenzulegen sind.
Das bedeutet praktisch:
- Ohne robuste CSDDD-Prozesse bleibt der CSRD-Bericht inhaltlich schwach.
- Ohne CSRD/ESRS ist die Kommunikation der CSDDD-Umsetzung für Stakeholder schwer vergleichbar.
Telusio Einschätzung
Viele Unternehmen werden durch die neuen Schwellen (Stand November 2025) deutlich entlastet. Trotzdem bleibt Nachhaltigkeitsberichterstattung ein zentraler Faktor für Kunden, Banken und Investoren. Unternehmen sollten daher weiter auf klare Daten setzen, auch wenn sie nicht unter die Regulierung fallen.





